Frau Lehmann, die Finnen sind laut „Weltglücksreport” die glücklichsten Menschen der Erde. Was ist das Geheimnis der Finnen?
Zunächst einmal haben wir einfach das Glück, in Finnland geboren worden zu sein. Das Land ist recht wohlhabend, dünn besiedelt und wir haben wahnsinnig viele unberührte Wälder und Seen. Wenn die Leute Ruhe suchen und abschalten wollen, dann suchen sie die Nähe zur Natur. Die Möglichkeit dazu ist im finnischen Alltag wohl noch wesentlich präsenter als hier in Deutschland. Vielleicht trägt das zu einer gewissen Gelassenheit bei.
Finnland ist nach Norwegen (2017) und Dänemark (2016) das dritte nordische Land in Folge, das auf Platz 1 des World Happiness Reports landet. Das kann doch kein Zufall sein?
Nein, das ist es wahrscheinlich auch nicht. Die Länder sind sich schon sehr ähnlich, sowohl was die Umgebung angeht als auch die Art und Weise, wie man aufwachsen darf. Dänen, Norweger, Schweden, Finnen – wir unterscheiden uns eigentlich nur in Nuancen.
Nun leben Sie seit mehr als 20 Jahren in Deutschland, das nur auf Rang 15 des UN-Berichts landet. Worin unterscheiden sich denn die Deutschen von den Finnen?
Eigentlich liegen wir kulturell nicht sehr weit auseinander, weshalb ich mich als Finnin in Deutschland auch seit Jahren sehr wohl fühle. Wir Finnen sind grundsätzlich wohl noch etwas zurückhaltender und ganz bestimmt keine Smalltalk-Künstler. Wir haben kein Problem damit, leise zu sein.
Allerdings sind wir, wenn wir dann reden, deutlich direkter. In Deutschland wird vieles durch die Blume gesagt, gerade wenn es um Kritik geht. Das machte mir in meinem ersten Job nach dem Studium schon ein bisschen Mühe. Doch letztlich sind das nur kleinere Unterschiede in der Kommunikation. Im Übrigen habe ich das Gefühl, dass es gerade bei den Jüngeren auch immer mehr geschätzt wird, wenn etwas direkter angesprochen wird.